Einsatz von Welpen und Junghunden

Es erscheint optimal, wenn man sich einen Welpen anschafft, um ihn langsam an die Arbeit in der Schule heranzuführen. Aber bei vielen Lehrern ist während des Unterrichts niemand zu Haus, um einen Welpen zu betreuen und längere Zeit ohne Betreuung ist für einen jungen Hund nicht möglich!

So sehen viele Kolleginnen nur die Möglichkeit, den Welpen regelmäßig mit in die Schule zu nehmen….

Dies ist aber für die jungen Hunde eine Überforderung, selbst wenn in der Schule optimale räumliche und organisatorische Bedingungen bestehen, die dem Tier viele Ruhephasen ermöglichen!

Das Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde e.V. hat sich im Juni 2019 umfangreiche Gedanken zum Einsatz von Welpen und Junghunden in der Schule gemacht, die wir hier eingefügt haben.

Zukünftige Schulbegleithunde werden oftmals in sehr geplanter Weise angeschafft. Bei vielen Lehrer*innen ziehen daher zu Beginn der Sommerferien Hunde ein. Dies verschafft zunächst einige Zeit mit dem Welpen, nicht selten besteht allerdings zugleich der Plan, diesen bereits im nächsten Schuljahr regelmäßig mit in die Schule zu nehmen.

Oft haben diese Kolleg*innen allerdings noch keine hinlänglichen Erfahrungen mit den aktuellen Anforderungen an eine gelingende Hundeerziehung und insbesondere an ein zuträgliches Lernen mit angehenden Schulbegleithunden. Das QNS möchte hier einige Informationen bereitstellen, die dabei helfen können, den Hund gut an die Schule heranzuführen.

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Die Lebenssituation eines Hundewelpen oder eines Junghundes darf nicht wie die eines erwachsenen Hundes betrachtet oder gestaltet werden. Insbesondere im ersten Lebensjahr folgen relevante neuropsychologische Entwicklungsschritte in rascher Weise aufeinander. Diesbezüglich ist vor allem die Sozialisations- und Umweltgewöhnungsphase (Ende der dritten bis etwa Ende der 14. Lebenswoche) hervorzuheben. Die in dieser Phase gemachten oder verpassten Erfahrungen bestimmen in besonderer Weise, welche Dinge, welche menschlichen oder tierischen Sozialpartner und welche Zusammenhänge:

  • für den Hund gewöhnlich und sicher erscheinen,
  • als Stressoren erlebt werden,
  • dem Hund in seinem späteren Leben Angst bereiten
  • mit mehr Aufwand kognitiv und emotional eingeordnet werden müssen, Verarbeitungsprozesse, die ermüdend wirken und eine zusätzliche Belastung darstellen.

Vor diesem Hintergrund können Welpen von der Berücksichtigung schulischer Settings während der Sozialisations- und Umweltgewöhnungsphase profitieren. Dies bedeutet jedoch zugleich nicht, dass eine adäquate, stressarme Verarbeitung schulischer Umweltsituationen ausschließlich durch Trainingssituationen in der Schule erzielbar sind.

Für Schulbegleithunde wie für Familienhunde gilt: Eine Heranführung an eine reichhaltige Lebenswelt unter – aus der Perspektive des Hundes – gelassenen und sicheren Bedingungen, begünstigt die spätere kognitive und emotionale Verarbeitung von komplexen und veränderlichen Umweltbedingungen.

Für diesbezügliche Lernsituationen mit dem Hund innerhalb schulischer Settings gilt es insbesondere die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:

  • Die Mitnahme von Welpen und Junghunden in die Schule darf ausschließlich als geplanter „Trainingsbesuch“ mit dem Zweck der Umweltgewöhnung in schulischen Settings erfolgen!
  • Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Bezugsperson ihren Hund stets in besonderer Weise vor überfordernden Situationen schützen muss, da die Jungtiere noch kein ausreichendes Verhaltensrepertoire zum Umgang mit schulischen Alltagssituationen erworben haben dürften. Auch ein überforderter Welpe kann so neugierig und ruhig wirken, dass eventuelle schädliche Auswirkungen nicht unmittelbar erkennbar sind!
  • Gerade die ersten derartigen Besuche finden zu einer Zeit statt, in der die meisten Bezugspersonen in ihren Schulbegleithund-Team-Weiterbildungen noch nicht weit genug fortgeschritten sein dürften, um die „Körpersprache“ ihres Welpen ausreichend „lesen“ zu können. Daher ist eine Beratung durch eine Fachperson (Dozent*in der Weiterbildung, entsprechend qualifizierte Hundetrainer*in) zur Planung von „Trainingsbesuchen“ dringend geboten.
  • Die Dauer solcher Besuche ist an den alterstypischen und individuellen Lern- und Aufmerksamkeitszeitfenstern der Hunde zu orientieren und nicht an etwaigen schulischen Belangen. Daher sollten diese Besuche außerhalb der Arbeitszeiten der Bezugsperson stattfinden und entsprechend kurz gehalten werden.
  • Im Vordergrund steht anfänglich die Gewöhnung an das Gebäude und die Räumlichkeiten. Begegnungen mit Schüler*innen und Kolleg*innen sollten zunächst im Hintergrund stehen.
  • Lernbesuche dieser Art sollten von Ruhe und Gelassenheit geprägt sein, damit keine Assoziation zwischen schulischen Settings und Aufregung, Aktionismus oder gar Unberechenbarkeit entsteht.
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  • Bei großen Schulen mit vielen Schüler*innen bedarf die Planung des Schutzes vor Stressoren einer besonderen Sorgfalt. So muss etwa der Weg zum Klassenraum und von diesem zu etwaigen Ruhezonen in seinen Belastungen durch passierende Schüler*innen, Lärm etc. mit geplant und für entsprechenden Schutz gesorgt werden.
  • Ein erster Kontakt mit einzelnen Schüler*innen, sollte nur wenige Minuten dauern. Findet er während des Unterrichtes statt, muss die Klasse durch eine andere Lehrkraft unterrichtet werden.
  • Erst nach abgeschlossener Teamweiterbildung (frühestens mit Vollendung von 18 Lebensmonaten) sollten Schulbegleithunde regelmäßig nur für wenige Stunden in der Woche ihre Bezugsperson in den Unterricht begleiten.( TVT-Empfehlungen max. zwei bis drei Mal pro Woche; max. ein Einsatz pro Tag für längstens drei bis vier Stunden)
  • In der Lebensplanung für einen Schulbegleithund müssen immer mehrere Möglichkeiten der Unterbringung vorgesehen werden, da ein Einsatz in der Schule auch für ausgewachsene Hunde nur begrenzt möglich ist. Erkrankungen des Hundes, Veränderungen im Verhalten der Schüler*innen und unerwartete Stundenplanänderungen sind nur einige, der häufig auftretenden Unwägbarkeiten, die alternative Unterbringungsmöglichkeiten erforderlich machen können.
  • Einer fachkompetenten, individuellen Einschätzung der schulischen Belastungen und der Fähigkeiten des jeweiligen Hundes ist gegenüber einer standardisierten Regel der Vorzug zu geben.

Für das Leben und Lernen mit (werdenden) Schulbegleithunden ist aus unserer Sicht ein nicht-aversiver und auf positiver Verstärkung beruhender Umgang eine wichtige Voraussetzung. Dieser schafft die Grundlage für eine verlässliche Bindungsbeziehung zwischen dem Schulbegleithund und den Menschen in seinem Umfeld, auf der wiederum viele der positiven Effekte Tiergestützten Arbeitens beruhen. Dies wurde bereits 1998 in der Prager Richtlinien der IAHAIO betont  https://www.iemt.ch/deu/pressemitteilungen/aktuelle-medienmitteilungen/170-die-prager-iahaio-richtlinien

Aus diesem Grunde sind wir als Verein eine Kooperation mit dem Internationalen Berufsverband der Hundetrainer & Hundeunternehmer e.V. (IBH) eingegangen, da nur dieser Verband dieselbe Prioritätensetzung für seine Mitglieder vertritt. –> https://www.ibh-hundeschulen.de Dort sind auch qualifizierte Hundetrainer in der Nähe zu finden.